Allgemeine Sozialberatung – besonderer Bedarf in Krisenzeiten?

 

Ein Video-Interview mit Caritas-Berater Daniel Anselm

 

Die Allgemeine Sozialberatung (ASB) der Caritas ist für die Menschen in ihrer Not eine erste Anlaufstelle. Hier verschaffen sich Hilfesuchende und Berater*innen gemeinsam einen Überblick über die aktuelle Situation. Die Caritas-Mitarbeiter*innen unterstützen auch in der Kommunikation mit Behörden und beraten, welche sozialrechtlichen Ansprüche bestehen.

„Wir haben eine Lotsenfunktion“, erklärt Christine Grünemay-von Tils. Sie berät an den Caritas-Zentren Öhringen und Künzelsau die Klientinnen und Klienten, die meistens wegen finanzieller Notsituationen zu ihr kommen. „Meine Aufgabe ist es, mir das Anliegen anzuhören, nachzufragen und zu sortieren. Dann geht es darum, die Zuständigkeit zu klären.“ Was ganz sachlich klingt, kann viele persönliche Sorgen und Nöte zu Tage fördern. Wenn sich der oder die Hilfesuchende in seiner wirtschaftlichen Situation selbst nicht helfen kann, dann wird mit der Erstellung eines Einkommensplans genau hingeschaut. Im nächsten Schritt wird geprüft, welche Möglichkeiten es gibt, um finanziell einmalig unter die Arme zu greifen. Eine dauerhafte finanzielle Unterstützung kann die Caritas nicht bieten. „Ein wichtiger Aspekt ist die Nachhaltigkeit,“ erklärt die Beraterin. „Das Ziel ist, dass der Klient oder die Klientin in Zukunft mir ihren Einkommen auskommen.“ Die Kooperation mit der Schuldnerberatung ist hierbei unabkömmlich.

Durch fast alle Beratungsdienste der Caritas zieht sich das Thema der Folgen des Ukrainekrieges mit den gestiegenen Energiepreisen und Lebenshaltungskosten. In der ASB haben sich schon im Sommer die ersten Hilfesuchenden gemeldet, weil die Nebenkostenpauschale für die Wohnung deutlich gestiegen ist. „Das ist oft prekär“, sagt Christine Grünemay-vonTils. „Die Menschen verdienen ja nicht mehr. Vor allem im Niedriglohnbereich haben viele wenig finanziellen Spielraum, um solche Erhöhungen zu verkraften.“ Eine Erfahrung aus der Beratung ist, dass gerade diese Arbeitnehmer*innen oft nicht wissen, welche Ansprüche sie haben, zum Beispiel auf Wohngeld oder Kinderzuschuss. Sie müssen das alles erst herausfinden und beantragen. Wer kann welche staatliche Unterstützung bekommen und wo? Und welche Hilfen werden gegeneinander aufgerechnet? Da gilt es auch für die Berater*innen der Caritas den Überblick zu behalten.

„Die Probleme der hilfesuchenden Menschen sind so individuell wie das Leben, je nach Persönlichkeitsstruktur“, weiß Christine Grünemay-von Tils. „Eine finanzielle Notlage wie Überschuldung hat oft psychosoziale Zusammenhänge aus der Lebensgeschichte der Menschen. Hinter wirtschaftlichem Mangel, steht oft mangelnde Qualifizierung für den Arbeitsmarkt oder Migration oder Beziehungsbrüche und manchmal ein seelisches Problem.“ Hat sich der Kreis der Klient*innen jetzt in der Krise verändert? „Bisher noch nicht“, sagt die Beraterin. „Die meisten Hilfesuchenden sind Alleinerziehende, Rentner*innen mit sehr kleiner Rente, Arbeitslosengeld II oder I-Berechtigte sowie Arbeitnehmer*innen im Niedriglohnbereich. Auch Krankengeldbezug kann zu prekären Situationen führen.“ Es zeichnet sich aber ab, das steigende Mieten und Nebenkosten auch Menschen mit mittleren Einkommen finanziell an ihre Grenzen bringen können.